Long Way to Dallas

Dallas Downtown

Die erste Woche in Texas liegt hinter uns. Gesehen haben von unserer ersten Station Dallas allerdings nicht mehr als Yuppie-Uptown und Boring-Downtown und da vor allem das Convention Center. Was allerdings vollkommen okay ist, schließlich sollte die Reise auf meinen Wunsch hin mit dem Roller Derby World Cup beginnen. Dieses Mal allerdings nur als Zuschauerin.

Habe ich die erste WM in Toronto noch als Spielerin von Team Germany mitgemacht, so wollte ich die zweite als Roller-Derby-Oma von den Zuschauerrängen aus beobachten. Ist schon verrückt, wie der Sport wächst. 2001 in neuem Gewand in Austin mit einem Spaßteam auferstanden, ist es mittlerweile beeindruckend professionell und es gibt weltweit heute mehr als 1200 Teams. Vor drei Jahren nahmen 13 Nationen am ersten Worldcup in Toronto teil, jetzt waren es schon 30. Das elektrisierende Gefühl, das diese Bewegung – und man kann es nicht anders beschreiben – bei so vielen Frauen weltweit auslöst, ist echt crazy.

Blood & Thunder Roller Derby WM in Dallas. USA-England-Finale.

USA-England-Finale bei der Blood & Thunder Roller Derby WM.

An dieser Stelle mache ich aber einen Punkt, weil ich einen mehrseitigen Gefühlsausbruch vermeiden möchte. Nur soviel harte Fakten: Die USA haben erwartungsgemäß den Pott geholt, das wird vermutlich die nächsten 100 Jahre so bleiben. Geiler war, dass London…ähm…England Silber holte und vor allem das beste und knappste Ergebnis gegen Team US of A erreichte, das je ein Team eingefahren hat. Das führte zu der skurrilen Situation, dass das Geschrei für den zweiten Underdog ohrenbetäubender war, als für den Gewinner. Das muss man sich so vorstellen: USA führt mega deutlich, England punktet aber nochmal fett im letzten Jam und flippt beim Abpfiff völlig aus, weil sie zweiter geworden sind und das Publikum flippt mit aus und die USA müssen kurz warten. Sowas gibt es nur im Roller Derby. Unforgettable. Period.

Wie bekomme ich jetzt die Kurve zurück zum Anfang unserer Reise? So. Begonnen hat die Reise alles andere als cool. Dafür möchte ich mich noch einmal bei der Lufthansa bedanken. Danke. Wir werden sicherlich nochmal Langstrecke mit Ihnen fliegen. Maybe. Oder auch nicht. Monate vorher haben wir für diesen zweimonatigen Trip geplant und nach passenden Flügen gesucht. Ich leide ja unter Pre-Reisestress. Heißt: bevor alles überhaupt losgeht, mache ich mir die die abstrusesten Gedanken, die selten etwas mit der Realität zu tun haben und die ich hier nicht weiter ausführe, um nicht für total beknackt gehalten zu werden. Auch aus diesem Grund buchten wir die DEUTLICH teureren Lufthansa-Direktflüge. Lufthansa. Das steht für mich für Vertrauen, gutes Bordessen, nette Stewardessen mit viel Make-Up und viel Hut. Aber vor allem vermittelt mir der Kranich das Gefühl: Ich bringe dich sicher tausende Meilen über Berg und Teich ans Ziel. Eins Komma fünf Tage vor Abflug saßen wir nun auf gepackten Taschen und einer halb ausgeräumten Bude, da wir sie Gästen überließen und dann streiken die Piloten ausgerechnet am 2. Dezember auf Langstreckenflügen. I call it luck. Stunden in der Warteschlange, eine schlaflose Nacht und ein Ausflug an den Flughafen später, buchte man uns auf einen Tag später um, der nette AirBnB-Host stornierte freundlicherweise unser Apartment und wir langweilten uns einen zusätzlichen Tag ins Eck. Ist alles eigentlich kein so großes Drama, aber wenn man wochenlang auf eine Reise hin plant, dann auf gepackten Taschen sitzt und die Küche schon geputzt ist, ist es unfassbar ätzend, wenn höhere Macht es einem versaut und man nichts machen kann. Ist wie früher in der Schule, wenn es drei Wochen nach den Sommerferien war und man nochmal drei schreckliche Wochen auf die Herbstferien warten muss. Desaster. Ach ja, der Flug am nächsten Tag hatte auch noch eine Stunde Verspätung. Zudem kamen wir zum ersten Mal in unserem Leben am Frankfurter Flughafen zu dem zweifelhaften Vergnügen einer genaueren Kontrolle oder viel mehr Durchsuchung. Strebermäßig saßen wir bereits eine halbe Stunde vor Boarding am Gate, als ein mehr oder minder sympathischer Mann sich an uns ran schlich und rausposaunte: „You’ve been randomly picked for a security check“ … oder so ähnlich. Außer uns hat es noch vier weitere Personen erwischt. Ziemlich funky Truppe hatten sie sich da zusammengestellt. Da waren wir: (nicht mehr) so junges hippes Pärchen, ein Single Mann, eine Single Frau und, Trommelwirbel … das offensichtlich streng religiöse muslimische Paar. Sie: das Kleine Schwarze, das alles bis auf die Augen verdeckte. Er: das Lange Beige, Kopfbedeckung und Abe-Lincoln-Bart. Klischee, wa.

Tony Tasset's 30-Fuß-großes "Eye" ist eine von Downtown's wenigen Augenweiden und irgendwie passend an dieser Stelle.

Tony Tasset’s 30-Fuß-großes “Eye” ist eine von Downtown’s wenigen Augenweiden und irgendwie passend an dieser Stelle.

Nachdem die amerikanischen Sicherheitsleute einmal durch unsere Privatsphäre geschnüffelt hatten, mussten wir noch eine ganze Weile warten, bewacht, kein Klogang erlaubt, ist klar. Grund: Osamas Handy ging nicht an. Alarm, Alarm. Security-Dude X suchte ein passendes Ladekabel, dann wurde das Objekt angeschlossen. Wir warteten währenddessen und wurden mit beknackten Anekdoten von Menschen bespaßt, die Security-Dude Y schon an der Einreise in die USA gehindert hat und die eine Rechtfertigung seines Daseins darstellen sollten. Haben wir weder verstanden noch haben wir recherchiert, weshalb jemand, dessen Laptop nicht angeht, nicht in den Flieger darf. Hey, aber dafür gab es Priority Boarding. Nicht aus Freundlichkeit. Die Dudes durften uns keine Sekunde mehr von der Kette lassen bis wir in diesem verdammten Flugzeug saßen. Welcome to America y’all.

2014-12-03-21.21.52

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